Nacktes Ziel

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Adam Wisniewski-Snerg
"Nacktes Ziel"
Originaltitel: Nagi Cel, 1980
Übersetzung aus dem Polnischen von Hanna Rottensteiner
Heyne SF 06/4588, Juni 1988, DM 7,80, 221 Seiten

Antoni Suchary hat nur Pech - sein Nachbar im Flugzeug ist ein Terrorist, der mit einer Bombe den Piloten dazu zwingt, auf 12 km zu steigen. Dann erschießt er sich - und auch Antoni, der in der Schussbahn sitzt. Sie landen in einer Zukunft auf der festen Oberfläche der Erde in 12 km Höhe (untendrunter befinden sich Gebäude, Gebäude und Gebäude).
Sie geraten hier - auf der Flucht vor einem Kommando, das sie wohl für das unerlaubte Eindringen in die Oberwelt greifen will - in die 50er Jahre, wo sie versuchen müssen, die "Schwarzen Federn" davon abzuhalten, in einer italienischen Großstadt eine A-Bombe zu zünden - als Erpressung, wenn ihre Gesinnunsgesonnen nicht freigelassen werden.
Anton erfährt, dass sein bisheriges Leben nur Teil eines Filmes war - denn wie ist es sonst zu erklären, dass er in 12 km Höhe in die "Zukunft" gerät. Und er landet nun mit seinem Terroristen (Ibrahim Nuzran) in einem weiteren Film. Das Interessante an diesem ist, dass das "Kino" eine gewisse räumliche Ausdehung hat - und wenn man an einem Ende drückt, verschiebt sich der "Bildausschnitt" in die andere Richtung, das heißt, steht Antoni auf der Brücke und Ibrahim entfernt sich mit Schwung von ihm, fällt Anton irgendwann von der Brücke, weil er die Kinowand in den Rücken bekommt.
Wie schon in "Das Evangelium nach Lumpp"' (Heyne 06/3914) stellt Wisniewski-Snerg die Realität als solche in Frage und will uns klarchmachen, dass unsere ach so sicheren Sinneserfahrungen nur darauf beruhen, dass wir sie als sicher erachten und ihre "Realität" nicht in Frage stellen.
Doch wo "Das Evangelium nach Lump" (ähnlich wie Leibers "Die Sündhaften") paranoiden Charakter annimmt (bin ich echt oder nur Schauspieler/Bühnenfigur?) verliert sich "Nacktes Ziel" in der Andeutung von guten Ideen.
Ist Antoni nun Charakter eines "Filmes" (das wäre aus seinem "Tod" zu vermuten) - wie kommt er dann in die "Realität"? Oder ist die Zukunft mit dem "Dach der Welt" auch nur eine Illusion? Wenn Antoni und Ibrahim im selben Kino sitzen und wenn dann anderen "Reale" auftauchen - kann das nur daran liegen, dass (wie im Roman) mehrere "Boxen" vernetzt sind? Ist dann nicht trotzem logischerweise das gegenseitige Sehen zwar möglich, aber muss nicht ein körperlicher Kontakt (wegen der verschiedenen "Kinos") unmöglich sein?
Fazit: Dieses Buch hat keine Seele. Lest lieber "Das Evangelium nach Lump" oder Leebers "Die Sündhaften."