Lyon Sprague de Camp 1907 – 2000: Unterschied zwischen den Versionen
Zeile 46: | Zeile 46: | ||
[[Kategorie:Fantasy]] | [[Kategorie:Fantasy]] | ||
[[Kategorie:Nachrufe]] | [[Kategorie:Nachrufe]] | ||
+ | [[Kategorie:Science Fiction]] |
Version vom 26. November 2023, 13:22 Uhr
“When people ask me what pen names I write under, I reply: With a name like mine, who needs one?”
de Camp[1]
Am 6.11.2000 verstarb L. Sprague de Camp, etwas mehr als ein halbes Jahr nach seiner Frau Catherine. Geboren wurde de Camp am 27.11.1907 in New York. 1930 erhielt er seinen Abschluss in „Aeronautical Engineering“ am „California Institute of Technology“. 1933 folgte dann sein MS in „Engineering“. Seine Veröffentlichungskarriere begann 1937 und endete mit seinem mit einem Hugo belohnten biographischen Opus „Time & Chance“ 1997. Die meisten Zeit seiner 60jährigen Schriftstellerkarriere war er freiberuflich tätig.
Neben seiner Tätigkeit als Autor phantastischer Literatur (Horror, Fantasy und Science Fiction) war de Camp auch der Autor von diversen Hintergrundwerken (nicht nur über phantastische Literatur) und seit seinen ersten Erfolgen als Schriftsteller auch im Fandom aktiv.
Die Preise, die de Camp für sein Werk erhalten hat, sind von beeindruckender Menge: 1953 den „International Fantasy Award“, 1976 den „Gandalf Award Grand Master of Fantasy“, 1978 den „Nebula Award Grand Master“, 1984 den „World Fantasy Special Award“ und 1997 einen „Hugo Award“.
De Camp & Conan
„I did not invent Conan; but I am probably the one person most responsible for the Conan boom.“
de Camp[2]
In den 50er Jahren kam de Camp in Kontakt mit den Conan-Geschichten von R. E. Howard (1906-1936). 1951 nahm er Kontakt zum Howards Agenten auf und fand in den hinterlassenen Unterlagen drei bisher unveröffentlichte Conan-Geschichten. In den folgenden Monaten überarbeitete de Camp diese und veröffentlichte sie in der von Greenberg herausgegebenen fünfbändigen Conan-Reihe. 1953 überarbeitete er einige Howard-Geschichten, in denen Conan nicht der Hauptheld war, in Conan-Geschichten (sie erschienen später als „Tales of Conan“). Und er überarbeitete den ersten Conan-Roman, der nicht von Howard war („The Return of Conan“ von Björn Nyberg).
1966 erwarb der Howard-Fan Glenn Lord weitere Reste von Howards Nachlass. In ihm fanden sich sechs weitere Conan-Stories (eine war fertig, fünf existierten in unterschiedlichen Stadien der Fertigstellung). Zusammen mit Lin Carter arbeitete de Camp diese Geschichten in den Conan-Kosmos ein. Mit „Conan the Buccaneer“ und „Conan of the Isles“ begann dann de Camp mit dem Schreiben eigener Conan-Romane ohne Rückgriff auf Ideen von Howard.
De Camp hat sich immer große Mühe gegeben, den Hintergrund von Conans Welt einheitlich zu gestalten. Ein gutes Beispiel dafür ist sein Artikel „Hyborianische Technik“, in dem er versucht, die der Welt zu Grunde liegende Technik zu beschreiben. In den Geschichten fügte er immer wieder Zwischenteile ein, um sie im Zeitablauf des Conan-Kosmos zu verorten.
De Camp & Humor in der Fantasy
“‘They say the surest topics in fiction are religion, royalty, sex, and mystery. For a best-seller, you could combine them all, by beginning a story: ‘My god!’ cried the queen. ‘I’m pregnant! Who done it?’“
de Camp[3]
De Camp gilt – nicht zu unrecht – als einer der wenigen Fantasy-Autoren, die humorige Geschichten schreiben können. Lange vor dem Pratchett-Boom schrieb er Geschichten, die unterhaltend, gut geschrieben und lustig waren. Sein Ruhm in der Fantasy begründete sich – wegen seiner anderen, daher oft übersehenen Leistungen, vielleicht ein wenig unbegründet – früh auf dieser Werke. Strassl schrieb über ihn: “De Camps Mischung von Humor und Kritik – wie er selbst meint, meist fälschlich als Satire verstanden – wird oft mir Mark Twain verglichen. Sein Roman „Lest Darkness Fall“ (...) aus dem Jahre 1939 nach dem Muster von Twains „A Connecticut Yankee in King Arthurs Court“ (...), in dem ein Archäologe in das 6. Jahrhundert nach Rom zurückversetzt wird, wo er mit seinem modernen Wissen versucht, den Untergang aufzuhalten, ist sicherlich einer von den de Camps erfolgreichsten Romanen.“[4] Und sein Schriftstellerkollege Heinlein schrieb: „L. Sprague de Camp ist meiner Meinung nach der einzige zeitgenössische Autor auf dem Gebiet der Science Fiction und Fantasy, dessen Werk in seiner Gesamtheit (ich kann mich jedenfalls an keine Ausnahme erinnern) durchgehend humorvoll ist.“[5]
Sehr bekannt sind seine mit Fletcher Pratt gemeinsam verfassten Romane und Kurzgeschichten. Allein steht „The Carnelian Tube“, (1948), ein etwas besserer Fantasy-Alternativweltroman. Eine Entsprechung findet er in „The undesired princess“ (1951), in der de Camp alleine das Thema aufgreift und – für meinen Geschmack – unterhaltsamer bearbeitet.
Für ihren Ruf prägend waren die Geschichten um Harald Shea und die Kunst der „Mathemagie“. Mit Hilfe dieser Gedankentechnik wandert Shea in die Welt der Asen ( „The Roaring Trumpet“, 1941), in Spensers „Fairie Queene“ („The Mathematics of Magic“, 1941), Ariosts „Orlando Furioso“ ( „The Castle of Iron“, 1941), die finnische Kalevala ( „Wall of Serpents“, 1953) und in irische Mythen („The Green Magician“, 1954). Die letzte Kooperation mit Pratt – „Tales from Gavagan’s bar“, 1978 – ist eine Sammlung von einer Art urbaner Mythen mit Fantasy-Twist. Hexen, fliegende Elefanten, magische Brillengläser – die Geschichten, die einem hier am Tresen erzählt werden, sind wirklich sehr eigenartig.
Auch alleine hat de Camp es immer wieder geschafft, einen humorvollen Stil durchzuhalten. Ein gutes Beispiel ist sein Roman „The Fallible Fiend“ (1973). Er schildert die klassischen Versatzstücke der Dämonenbeschwörung mal aus einer anderen Sicht – aus der des Dämonen.
De Camp & Sekundärliteratur
„My three unfulfilled ambitions are to sing in tune, to play decent tennis, and to speak good grammatical German. But I fear these goals are forever out of reach.”
de Camp[6]
Neben seiner Tätigkeit als Autor von Romanen und Kurzgeschichten war es besonders de Camps Arbeit als Autor von Sekundärliteratur, die ihn in der Szene bekannt gemacht hat. De Camp hat sich den ihn interessierenden Themen von zwei Seiten aus genähert.
Auf der einen Seite gab es seine Faszination für fremde Kulturen, sein Interesse an Sprachen und Geschichte. Immer wieder unternahm er Reisen, um vor Ort einen Eindruck von dem zu erhalten, was er beschreiben wollte. 1954 erschien „Lost Continents“, in dem er sich mit untergegangenen Kulturen a la Lemuria und Atlantis auseinandersetzt. 1963 folgte „The Ancient Engineers” über die Ingenieur-Leistungen der frühen Zivilisationen. 1972 kam dann „Great Cities of the Ancient World“, das unter dem Titel “New York lag einst am Bosporus” einen Achtungsverkaufserfolg in Deutschland hatte.
Diese Bücher zeichnen sich durch ihr profundes Fachwissen aus. Und sie sind amüsant erzählt. De Camp schafft es immer wieder, den Bogen zwischen den Fakten und den Schilderungen der phantastischen Literatur zu schlagen.
Die andere Hälfte seiner Sekundärwerke beschäftigt sich mit der phantastischen Literatur und ihren Autoren. Neben dem immer wieder in Neuauflagen erscheinenden „Science-Fiction Handbook“ von 1953 sind dies besonders sein Werk über Howard („Dark Valley Destiny, The Life Of Robert E. Howard“, 1963) und „Lovecraft: A Biography“ von 1975. Ohne de Camp und seine Arbeit mit und über Howard und Lovecraft wären diese Autoren sicherlich nicht das, was sie heute sind: Meilensteine. Und de Camp war für mich auch einer dieser Meilensteine, der letzte lebende Autor eines „Golden Age of Heroic Fantasy“, das mit ihm untergegangen ist.
Zitierte Literatur von de Camp
“Die Chronik von Poseidonis“, Rastatt, 1980²
„Thalia – Gefangene des Olymp“, Frankfurt (Main), Berlin, Wien, 1973
„Hyborianische Technik“ in Strassl (Hrsg.) „Magira 29/30“, o.O., 1978
“Time & Chance”, Hampton Falls, 1996