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[[Kategorie:Schlaraffia]]

Version vom 27. November 2023, 17:26 Uhr

Schlaraffen hört!

Es ist immer wieder erschreckend, wenn man dabei zuschauen muss, wie versucht wird gegenüber Menschen, die bis jetzt noch keinen Kontakt zur „Schlaraffia“ hatten, für diese Werbung zu machen – für die „Schlaraffia“, nicht für jene Menschen, damit wir uns richtig verstehen.
Ich gebe zu, dass der Ansatz „wer uns sucht, der wird uns schon finden“ unrealistisch ist. Ich habe genug Probleme, über eine beliebige Suchmaschine im Internet die richtige Adresse des neuen Zahnarztes zu finden oder herauszubekommen, welcher Lieferant für Pizza noch im Geschäft ist und heute Abend vielleicht sogar unter der angegebenen Telefonnummer zu erreichen ist, lieferwillig ist und dies in einer genießbaren Qualität tut oder tun könnte. In einer Zeit, in der eine Online-Suche zu „Schlaraffia“ mehr und mehr Matratzenangebote erbringt, muss man natürlich außerdem erklären, dass es sich bei der Burg um keinen Ort für Massenübernachtungen handelt, bei dem man bitte seine eigene Schlafunterlage mitbringen soll. Obwohl ein schlaraffisches „sleep-in“ – so nenne ich das mal Neudeutsch – sicherlich Erfolgsaussichten hätte, bin ich geneigt, mich dagegen zu entscheiden.
Ebenso wenig glaube ich daran, dass die psychische Ausstrahlung so vieler Männer mit gemeinsamen Interessen dazu führt, dass interessierte Herren von der Straße auf einmal stehen bleiben, sich an die Schläfe fassen und dann klar den Gedanken lesen können, dass in der „Schlaraffia“ für sie eine perfekte Freizeitgestaltung geboten würde. Gedankenverschmelzung funktioniert nur bei „Raumschiff Enterprise“ tatsächlich, und das Senden von Worten fällt manchen Schlaraffen schon schwer, wie soll dann erst das Senden von Gedanken erfolgreich möglich sein?
Die „Schlaraffia“ ist auch keine Geheimorganisation, die durch einen geheimen Händedruck und das Kombinieren von schwer zu enträtselnden Zeichen – ein Ziehen am Ohr, ein Jucken am Nasenrücken – darauf hinweist, dass der Sprecher im profanen Leben zwar Hermann Ritter ist, aber in Wirklichkeit in der „Schlaraffia“ der aufgestiegene atlantische Meister Herm Om Kandelaber Om Höllenstein, der in der Lage ist für eine geringe Summe (entsprechend dem Außenhandelsdefizit eines beliebigen Balkanstaates) Wissen und Weisheit zu vermitteln. Die „Schlaraffia“ kann also nicht darauf hoffen, dass sie auf der Welle jener Organisationen reitet, die eine esoterische Heilslehre mit monetären Interessen zu vermischen suchen.
Darüber hinaus ist es schwierig, in einer medial geprägten Welt für die „Schlaraffia“ Werbung zu machen, die doch ohne filmische Umsetzung auskommen muss. Wie schön wäre es, wenn die „Schlaraffia“ in einem Tarantino-Film am Rande auftauchen würde, oder – als deutsche Organisation – wenigstens in einem „Tatort“ oder am Rande der „Lindenstraße“. Hier gibt es noch ungeahntes Potential; aber ich vermute, dass die damit angesprochene Zielgruppe ihre bequemen Sofasitze samt Dolby-Surround und 3-D-Home-Cinema nicht verlässt, um unter der Woche zu sippen.
Es ist schwierig, für die „Schlaraffia“ Werbung zu machen. Denn in einer Gesellschaft, die immer nach „Wert“ und „Zugewinn“ fragt, sind Dinge wie Spaß und Freude ärgerlicherweise nicht länger erstrebenswerte Ziele. Seufz. Mir selbst hat die „Schlaraffia“ geholfen, von den Mühen und Tücken des Alltags Abstand zu nehmen, im Rahmen einer Gesellschaft des gehobenen Blödelns mit intellektuellem Anstrich Kraft zu tanken, Spaß zu haben. Und selbst wenn es nicht wahr sein sollte, dass die Lebenserwartung von „Schlaraffen“ höher sein sollte als die des durchschnittlichen Mannes, so kann ich doch darauf verweisen, dass die gefühlte Lebenszeit länger wird – und nicht deswegen, weil eine 3-Minuten-Fexung sich manchmal anfühlt wie ein 20-Minuten-Vortrag, sondern deswegen, weil „Schlaraffia“ Sinn stiftet in einer Welt, die den Sinn mehr und mehr verliert. Und wenn der schlaraffische Sinn auch zu Recht und Unrecht der Un-Sinn ist, so macht das alles zusammengenommen am Ende und unter dem Strich auch wieder irgendwie Sinn. Und darum geht es ja doch, oder?

Lulu!