Du-Zen

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Schlaraffen hört!

Heute möchte ich mich mit zwei fernöstlichen Meditationsschulen beschäftigen, dem Du-Zen und dem Sie-Zen.
Gerade unter älteren Schlaraffen hat das Sie-Zen noch viele Fürsprecher. Das mag daran liegen, dass diese Form der Kommunikation einen Hauch von Wertschätzung ausstrahlt, aber auch sprachlich eine Art zusätzliche, buntige Glasur auf dem Kuchen der normalen Unterhaltung bietet. Das Sie-Zen ist höflich, formal, lässt Nähe zu, ohne diese einzufordern. Und das Sie-Zen erlaubt es einem, auch unhöfliche Kritik in einer Form darzubringen, die dieser Kritik zumindest einen letzten Anschein von Höflichkeit lässt. Das Sie-Zen ist üblich zwischen Menschen, die sich gegenseitig noch nicht oder wenig kennen, aber genauso ist es als Zeichen der Wertschätzung üblich in Kreisen des gehobenen Bildungsbürgertums. Es ist problemlos möglich, vom Sie-Zen zum Du-Zen zu wechseln, während der umgekehrte Weg nicht ohne Verluste an gegenseitiger Achtung und Zuneigung geschieht.
Gerade in den letzten Jahren findet das Du-Zen immer wieder Freunde und Förderer. Das mag daran liegen, dass das Du-Zen oftmals als Ende einer Entwicklung der Freundschaft verstanden wird, die mit dem Sie-Zen begonnen hat. Es ist natürlich schwierig, hierüber letztendliche Schlussfolgerungen zu ziehen, da – wie beschrieben – ein Wechsel vom Du-Zen zum Sie-Zen kaum möglich ist, man also im Du-Zen gefangen bleiben könnte.
Historisch ist das Du-Zen doppelt belastet. Gerade Menschen mit klassischer Bildung erinnern sich immer wieder daran, dass Tyrannenmord nur unter Du-Zen-den möglich ist. Immerhin heißt es ja "Auch Du, mein Sohn Brutus" und nicht "Auch Sie, mein Sohn Brutus", womit eine – meiner Meinung nach wenig gerechtfertigte – Verbindung vom Mord zum Du-Zen gezogen wird. Auch Jazz und Volkstanz haben viele verschreckt, die sonst dem Du-Zen höflich gegenüber standen. Nicht jeder ist ein Freund des Volktstanzes und damit des Du-Delsacks, der nicht ohne Grund nicht Sie-Delsack heißt. Und wenn Frank Sinatra vor sich hin jazzt mit seinem "Schubidubidu", so wäre ein "Schubisiebisie" klanglich kaum adäquat.
Der Jazz ist sowieso die klassische Musik des Du-Zen, denn der Amerikaner kann das Sie-Zen überhaupt nicht, wie man an dem oftmals kolportierten "You can say you to me" erkennt, das sich eben nicht übersetzen lässt. Der Amerikaner wird wie der Engländer nie zum Sie-Zen, weil er sprachlich gezwungen ist, auf diese Unterscheidung zu verzichten. Ob der Amerikaner es verstehen würde, wenn er es sprechen könnte, bleibt an dieser Stelle dahingestellt.
Ich will das Sie-Zen auch gar nicht kleinreden oder gar kritisieren. Wer Sie-Zen mag, soll Sie-Zen haben, genauso wie der Du-Zen-Freund beim Du-Zen bleibt. Nachdenklich machen einen Du-Zen-Den nur drei Dinge: Körperhygiene, Grammatik und Schlaraffia.
Zur Körperhygiene ist zu sagen, dass auch der Sie-Zen morgens Du-Schen geht, aber als Argument dagegen herhalten kann, dass jeder Du-Zen das auch tut.
Zur Grammatik ist zu sagen, dass die Sie-Zen Wasser nur erhitzen, nicht kochen, denn was bei ihnen das Sie-Den, ist für den Du-Zen der Du-Den.
Und die Schlaraffia. Natürlich ist dieser Punkt der letzte, denn wenn ich keinen Bogen zur Schlaraffia schlage, dann ist diese ganze Problematik für die Rostra untauglich. So wie die ganze Diskussion. Denn im Ceremoniale heißt es eindeutig unter § 1, 10: "Nach Eröffnung der Sippung ist jeder Schlaraffe mit seinem Schlaraffennamen, seiner Würde oder mit »Ihr« anzureden. Die Anrede »Herr« sowie jeder profane Titel, das neuzeitliche »Sie« sowie das vertrauliche »Du« werden streng gepönt."
Wenn bei den Schlaraffen sowohl Sie-Zen wie auch Du-Zen gepönt werden – warum gibt es dann überhaupt eine Diskussion?

Lulu!