Crispan Magicker

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Vergessene Juwelen

Mark M. Lowenthal
Crispan Magicker (1980)
Originaltitel: Crispan Magicker (1979)
Übersetzung: Hans Maeter
Cover: Carl Lundgren
Heyne Fantasy, 330 Seiten

Heute ist man schon dankbar, wenn ein Fantasy-Buch nicht Teil 2 einer Trilogie ist. Oder das „Prequel“ zu einer erfolgreichen Serie, so dass man endlich erfahren kann, wie der Held des späteren Werks seine grunzlangweilige Pubertät verbracht hat oder aber endlich weiß, dass es schon lange ein Treffen zwischen dem Held und seinem großen Gegenspieler gab – leider ist dieses Treffen aber von beiden vergessen worden, weil der Magister aus dem tiefen Süden einen Vergessenszauber wob, damit die beiden sich später … Man kennt das ja. Und Romane „aus der Welt von“ oder „in der Tradition“ von sind gruselig, von den Tolkien-Epigonen und –Fortsetzungen und –Neubearbeitungen, die unter allen möglichen Namen erscheinen, ganz zu schweigen.
Was bleibt als Ausweg? Der gute, alte Roman. Ein Werk, das abgeschlossen ist. Manchmal gibt es eine Fortsetzung, aber man muss sie nicht zwingend lesen. Oder es gibt keine, und man würde sich eine wünschen. So erging es mir mit „Crispan Magicker“.
Eine Vergangenheit, die sich im Nebel der Geschichte verliert. Ein Kontinent, auf dem einst drei Reiche (das nördliche Reich, das südliche Reich und das mittlere Reich) existierten. Nach dem Zerfall des mittleren Reiches war es nur eine Frage der Zeit, bis das nördliche Reich das südliche Reich angreift. Und der Norden setzt angeblich einen bösen Magier ein, der von den (eigentlich neutralen) Magiern ausgestoßen worden ist. Also schicken die Magier einen einzigen der ihren in den Süden, um gegen den einen Renegaten zu helfen. Dieser eine Magier ist Crispan.
Komischerweise gewinnt er als einzige Figur, als einziger Gegenstand im ganzen Roman ein wenig Kontur. Die Geschichte der drei beziehungsweise zwei Reiche bleibt wenig nachvollziehbar, das Fehlen einer Karte macht es unmöglich, die Reisen der Charaktere nachzuvollziehen. Auch gibt es keine Drachen, keine Zwerge, keine magischen Schwerter.
Dazu kommt, dass der Autor wenig von Frauen als handlungstragenden Figuren hält. Es gibt sie nicht. Nicht nur nicht als handlungstragende Figuren, sie spielen keine Rolle.
Aber trotzdem lässt einen das Buch nicht los. Warum?
Crispan ist ein Held, der eigentlich kein Held sein will. Viel lieber wäre er in seinem bequemen, selbstgewählten Magierexil, um in aller Ruhe zu forschen und zu faulenzen. Dies ist ihm nicht vergönnt. Aber selbst unter den Magiern wirkt er wie ein Fremdkörper – das große magische Wunderkind ist nirgends zuhause, nirgends daheim.
Aber das Buch fesselt einen, weil es Krieg und die Kriegszüge gut beschreibt. Crispan weiß lange nicht, ob der Krieg „gerecht“ ist, den er führen muss (und eigentlich beantwortet er die Frage nicht). Er tut, was er tun muss – wie so viele andere. Die Stabilität, der Frieden, den er erhalten will, werden durch ihn selbst und seine Fähigkeiten in Frage gestellt.
Ach. Wenn man sich mit dem Autor beschäftigt, stellt man fest, dass er nur diesen Fantasyroman geschrieben hat. Seine anderen Werke tragen Titel wie „Intelligence: From Secrets to Policy“ oder „Leadership & Indecision“, aber nebenbei war er noch eine Art „König der Rateshows“ (wer es nicht glauben mag: „Secrets of the Jeopardy Champion“ steht auch auf seiner Werkeliste). Seine Tätigkeit im Bereich der politischen Wissenschaft hat ihn wohl darauf vorbereitet, ein menschlich und politisch interessantes Buch zu schreiben.
Dies ist ihm gelungen. Man wünscht „Crispan Magicker“ eigentlich nur eine Fortsetzung. Und wenn das schon nicht geht, dann wenigstens eine Neuausgabe in einer (behutsam) überarbeiteten Übersetzung, einer Karte (von Pesch oder Ringer – das hat Lowenthal verdient) und mit einem Cover, das ein wenig mehr von dem Flair wiedergibt als das Cover der deutschen Ausgabe.
Ich schreibe auch gerne das Vorwort …