Machen wir so weiter?
Machen wir so weiter? War doch gar nicht so schlimm
Schlaraffen hört!
Es gehört zu jenen Feinheiten des tieferen Humors, das Zahnärzte einen gern zu Beginn der Behandlung fragen "Wie geht es uns denn heute", aber kein Verständnis zeigen, wenn man ihnen erklärt, dass bis jetzt eine gemeine Körpereinschätzung für uns zwei zumindest mir nicht möglich ist. Während andere Menschen mit unvollkommenen Fallschirmen von Klippen springen oder in Plastikschüsseln Katarakte hinuntergespült werden, so ist es bei mir das Herumblödeln mit Zahnärzten, was mir ab und an das Gefühl gibt, ich würde dem Tiger direkt in den Rachen schauen.
Ähnlich, wenn auch mit weniger Angebot an Probetuben mit Zahnpasta verbunden, ist der Umgang mit dem Thron. Wegen seiner grundsätzlichen Arbeitsplatzbeschreibung prinzipiell dem Humor fern und von den Sorgen der niederen Sassen entfernt versuchen die Thronsassen immer wieder, mit volkstümlichen Szenen ihren Weg zurück in das Herz der Sassenschaft zu bahnen. Leider liegen dem zwei grundsätzliche Fehleinschätzungen zugrunde. Erstens war niemand, der einmal Thronsasse wird, jemals im Herz der Sassenschaft, sonst wäre er nicht gewählt worden. Zweitens sind volkstümliche Szenen in diesem Land heimwehkranken, Dialekt-sprechenden, überalterten Volksschauspielern vorbehalten, die grantelnd und unter erhöhten Alkoholgenuss Kritik am Leben der Jugend und dem allgemeinen Stand der Kultur üben. Man wird sich zu Recht fragen, was dann den Volksschauspieler vom Thronsassen unterscheidet – es ist das Auftreten im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, ansonsten sind die Parallelen so beängstigend, dass Sippungen unter Motti wie "Der Fexer vom Silberwald", "Drei Sassen vom Immenhof" oder "Und ewig singen die Junker" von vorneherein verboten sind.
Der Mehrklang des Paradigmas "Machen wir so weiter" enthält verschiedene Fehler. Die vier schlimmsten herausgreifend möchte ich bemerken, dass "machen" eine aktive Handlung beschreibt und nicht das schweigende Sitzen während des Fliegens des goldenen Balles, das zweitens "wir" hier eine Gruppe meinen soll und nicht den Pluralis Majestatix eines einzelnen Thronansassen, dass "so" in diesem Satz überflüssig ist, außer es erklärt, dass man mit dem bisherigen einverstanden ist und seine weitere Permutation unterstützt und "weiter" heißt, dass man schon irgendwohin gekommen ist. Dann schaut man sich hier im Reych um und überlegt, was das heißt, dass man mit der Kutsche Ravensbergia bis zu dieser Kaschemme gekommen ist, indem man diesen drei Thron-Schwagern auf dem Bock getraut hat. Eigentlich die Antithese zum Internet-Taxidienst Über – mit denen kommt man nämlich kostengünstig und schnell ans Ziel.
Auf zur Revolte an den nummerierten Stimmzetteln! Friede den Hütten, Krieg den Palästen! Wir Sassen haben nichts zu verlieren außer unsere Ketten, aber eine Welt zu gewinnen.
Lulu!
Lulu!