Wenn Voraussagen über die Zukunft Menschen jemals gekümmert hätten

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Wenn Voraussagen über die Zukunft Menschen jemals gekümmert hätten, dann gäbe es seit der Erfindung der Futurologie keine Neugeborenen, keine Frischverliebten und keine Rentenversicherungen mehr. Die Weltuhr, welche die Angst vor dem Atomkrieg prägnant mit „5 vor 12“ umschreibt, steht dort schon gefühlt Jahrzehnte.
Aber nicht alles, was man über die Zukunft sagt, ist falsch, und wer nicht an globale Erwärmung oder ähnliche Katastrophen glaubt, möge versuchen, seinen Urlaub samt Hotel auf Rungholt, Thera oder Atlantis zu buchen.
Ähnlich zwiespältig ist meine Einstellung zu den Voraussagen in der schlaraffischen Gegenwartsforschung zur Zukunft unseres Verbands. Wenn die Schlaraffia in 30 Jahren wegen Überalterung die Tore zumacht, das steigende Küstenwasser aber längst bei winterlichen 30 Grad gegen die Alpenausläufer spült, dann ist mir das egal – besonders, wenn vorher noch ein Atomkrieg ausgebrochen ist, natürlich ausgelöst von nordkoreanischen Islamisten, die mit Masernviren Europa auslöschen wollen.
Das zukünftige bleibt Dunkel, weil es eben noch zukünftig ist. Trotzdem sollte man die Warnungen als eine schlaraffische Pythia auf dem Dreifuß aus Humor, Freundschaft und rauchigem Dunst verstehen, die dunkel dräuend Runen raunt.
Wir werden älter. Und meine Generation ist Teil jener Alterskohorte der geburtenstarken Jahrgänge, die mit mir zusammen älter wird. Das ist so und verfolgt uns schon lange, von den vor uns her gebauten Kindergärten und Grundschulen bis hin zu den für uns errichteten Alters- und Pflegeheimen.
Der Prager Franz Werfel – schandbarerweise noch unbekannt jenen wie uns, die versuchen, als späte Erben an Prags goldenem Schein zu saugen – nannte die zukünftige Welt den „Stern der Ungeborenen“, und so ist sie auch. Sie ist nicht im Hier und Jetzt und damit unerklärbar.
Das Abschweifen, das Herumschweifen ist das Leid, ist die Stärke des Schlaraffen. Ich glaube, dass wir mit unseren Stärken eine lebendige Schlaraffia noch 2065 erreichen können. Aber dazu bedarf es einiger Dinge, einiger Werkzeuge, die uns helfen sollen, unser gemeinsames Zeitfahrzeug Schlaraffia zukunftstauglich zu machen.
Weg mit der Klarsichthülle, in der wir jene Fexung lagern, die wir schon 20 Mal erfolgreich in anderen Reychen gehalten haben und die sicherlich auch hier und heute Erfolg haben wird. Weg mit ihr, denn sie ist Anker der Vergangenheit, der uns ins Meer der Bedeutungslosigkeit hinabzieht.
Fort mit jenen, die Spiegel und Ceremoniale kritisieren, weil sie sie nicht verstehen. Davon – um polemische Kommentare aus dem Reych zu vermeiden – ist unser Thron ausgenommen, der den Konflikt mit dem Junkermeister geschickt über Wissen und Nichtwissen des Gesetzes auslebt, wohl wissend, dass der Geist und nicht der Wort des Gesetzes wichtig sind, um dem Prager Golem gleich mit dem Lebenswort auf der Stirn Wunder tun zu können.
Hinaus mit allen, die glauben, dass Freundschaft ein Zwang ist – ist sie nicht, sie ist Hypothek, Versprechen, Optionsschein, genauso wie jene Optionsscheine auf Humor und Kunst, die einzulösen in der Verantwortung des Empfängers, nicht des Gebers liegt. Der, der keine Hilfe will, soll sie nicht bekommen, weil wir seine Freiheit akzeptieren müssen, die ihn entscheiden lässt, unfrei zu sein.
Ein Gespenst geht um in Schlaraffia – das Gespenst jenes Glaubens, das man alles für jede neue Zeit neu machen müsste. Das ist falsch. Wenn die Schlaraffia gut ist, ihr Kern wahr und weise, dann darf man dies nicht ändern, auch wenn es nicht zur Zeit passen mag. Lieber mit lauter Musik, bunten Fahnen und Tanzschritten unter gehen, als zum öden Spuk der Langeweile einher zu schreiten.
Und wenn am Ende alte Männer mit schartigen Schwertern und verbeulten Schilden auf der letzten Walstatt stehen, um das Banner der Schlaraffia geschart, dann mag dem so sein. Wenn ich untergehen muss, dann in der Gesellschaft von Brüdern gleichen Geistes.
Wenn wir nicht untergehen, gut, weiter so. Dann fahren weiter schlaraffische Bootskiele gen Ophir, den goldenen Ball zu suchen.
So ist sie, die Zukunft. Pudding ist fester als sie, schmeckt aber besser. Neugierig bin ich auf beide.

Lulu!