Klaus N. Frick zum 60.
Wer eine Führung durch das Museum der europäischen Phantastik bucht, wird nicht enttäuscht. Von den frühesten Zeugnissen der phantastischen Literatur bis hin zur Gegenwart des Jahres 2123 wird hier alles dokumentiert, was auch nur im Entferntesten mit dem Thema zu tun hat.
Das Museum ist glücklicherweise so konzeptioniert, dass es für einen mehrtätigen Familienausflug taugt. Während die Kleinen sich die Raumschiffmodelle des 20. Jahrhunderts anschauen oder sich lustige, zeitgenössische Filme im luxuriös im Stil der 2050er eingerichteten 3D-Kino anschauen, können sich die Elter [sic!] anderen Dingen zuwenden. Ob man sich danach entschließt, gemeinsam in der »Laßwitz Lounge« eine Kleinigkeit zu speisen oder ob man den Raumpatrouille-Tanzvorführungen folgt – alles hat hier seinen Platz.
Unnütz zu erwähnen, dass in der Umgebung günstige Hotelzimmer wie auch eine weit gefächerte Gastronomie zu finden sind.
Viele Besuchergruppen aus Deutschland zieht es aber in Rastatt in jenen Gebäudeflügel, der die Pretiosen aus über 200 Jahren deutscher Heftroman-Geschichte beherbergt. Und natürlich ist es hier die große Ausstellung über »PERRY RHODAN«, die immer wieder begeistert und fasziniert – seien es die immer neuen Sonderausstellungen (z.B. zu den insgesamt 26 fremdsprachigen »NEO«-Ausgaben, der »PERRY RHODAN«-Filmpalast oder aber Einzelthemen wie Blues-Kochkunst oder halutische Tänze), seien es die Vitrinen mit Schätzen aus der Geschichte des »Erben des Universums«.
Immer wieder erlebt man, wie sich Reisegruppen wispernd an die Museumsführer wenden, um nach ihm zu fragen. Immer wieder erhalten sie die gleichlautende Antwort: Ganz einfach. Sie fahren mit dem Rollband bis zur nächsten Abzweigung. Dann halten Sie sich rechts am Benjamin Golling-Schrein, bis Sie am Klaus Bollhöfener-Fach vorbeikommen. Sie müssen dann nur noch durch den Lichtbogen schreiten, und schon sind Sie da.
Natürlich lässt sich dies keiner entgehen. Und nachdem man durch den in Regenbogenfarben flimmernden »Klaus N. Frick«- Lichtbogen geschritten ist, erwarten einen drei Türen, zwischen denen man sich entscheiden muss. Links ist der »frühe Klaus« zu sehen, in der Mitte der »mittlere Klaus«, rechts dann »Klaus der Ältere«, wie er auch heute noch ehrfurchtsvoll genannt wird.
Natürlich kann man nacheinander alle Gänge besichtigen. Aber der Weg führt erst zurück zum Anfang, bevor man in einen anderen Gang hineingehen kann. Warum? So wie das Leben des Klaus in seiner Tiefe ein Mysterium bleibt, so ist auch diese Wegführung eines.
Der rechte Gang wird am wenigsten besucht, denn immerhin ist das literarische Spätwerk von Klaus N. Frick immer noch Pflichtlektüre an allen Schulen. Wer kennt nicht seine »Ghazir«-Trilogie zumindest in den Verfilmungen? Wer weiß nicht von seiner (ersten) Biographie »Vom Schwarzwald ins Sextadim«? Viele der Biopics, die sein Leben schildern, sind online verfügbar und dank der umfassenden »oral history«-Datenbank mit Erzählungen von Zeitzeugen und vielen, vor der Vernichtung geretteten Originalmitschnitten (Ton und/oder Bild) ist dieser Teil seines Lebens wohl dokumentiert.
Der mittlere Gang schildert Klaus in der vollen Kraft seiner verlegerischen Fähigkeiten. Bis zu seinem 70. Geburtstag hat er nach Anpassung der deutschen Rentenregeln »PERRY RHODAN« lektoriert und in seinen schwieligen Händen jene Zügel gehalten, mit denen eine von späteren Literaturnobelpreisträgern nur so strotzende Autorenschaft geführt wurde. Hier gibt es ein von ihm bearbeitetes Originalmanuskript und sogar eine Flasche mit jenem Haargel, mit dem er auch noch in hohem Alter eine Irokesenfrisur erzeugen konnte.
Aber es ist der linke Gang, über den wir ein paar Worte verlieren wollen. Es ist der »frühe Klaus«, in dessen jungen Jahren nur wenige den Keim der Genialität erspüren konnten, der in ihm schon früh brannte. Einer der wenigen Apologeten der Weisheit dürfte – neben Christian Knirchenbrecher, Maria von Schlock und Karl-Otto Prinzler – Hermann Ritter sein, der Klaus seit dem Jahr 1979 erst postalisch (so nannte man damals das analoge Schreiben und Versenden von Nachrichten), dann persönlich auf dem FreuCon genannten »event« in Freudenstadt begleitete.
Wir wollen nicht zu viel von dem reproduzieren, was in Werken wie »Der Klausch und isch« oder »Damals in Freudenstadt« breit ausgewalzt wird. Die gemeinsamen FreuCons, die in einer riesigen, Gäste aus ganz Europa bewirtenden Veranstaltung kulminierten. Die »PERRY RHODAN«-Veranstaltungen, auf denen beide brillieren durften (wobei Hermann Ritter immer wusste, wann er zu brillieren und wann er zu schweigen hatte – jedenfalls meistens).
Doch hier gibt es auch die seltenen Dokumente aus den gemeinsamen Jahrzehnten in FOLLOW und besonders im EinhornClan, der eine mittelalterliche Kultur zur Zeit Karls des Großen mit phantastischen Elementen simuliert … wir verstehen uns.
Vielleicht war es seine Vorbildung als Historiker, die Hermann Ritter früh den Zeitlauf kommen sehen ließ, der an Klaus 60. Geburtstag kulminierte. Wie anders soll man verstehen, dass an diesem Morgen im Jahr 2023 niemand überraschter war als Klaus N. Frick, als ihm eine Delegation der UNESCO an seinem Arbeitsplatz drei in Schweinsleder gebundene Bände (Goldschnitt, Lesefaden) übergab, um das Antragsverfahren und die Genehmigung der Aufnahme von »PERRY RHODAN« in das Weltkulturerbe zu besiegeln. Niemand war erfreuter als Hermann Ritter über das überraschte Gesicht seines alten Freundes … und genau dieses Foto ist es, das am Ende des mittleren Ganges prangt. Der sprachlose Klaus N. Frick, überrascht vor Freude.
So soll es sein.