Erlebte Zeit

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Vielleicht ist der Kern des schlaraffischen Lebensspenders die Öffnung eines neuen Zeithorizonts in die Zukunft. Die Zukunft ist ja bekanntermaßen mein Thema, immerhin schreibe ich schundige Science Fiction und gelte von daher als Fachgelehrter zum Thema Utopie.
Aber im Ernst. In den älteren Herren, die ich erlebt habe – und dabei rekurriere ich auf eine nicht enden wollende Liga aus Onkeln, die als Nachfahren der elf Geschwister meiner Großmutter meine Kindheit Zigarre-rauchend zu einer Fahrt durch den dritten Kreis der Nebelhölle machten – also bei jenen älteren Herren lag die "gute Zeit" immer in der Vergangenheit. Ihr Leben war vorbei, gelebt, feste Standpunkte teilten das Jahr auf (Weihnachten, Ostern, Murmeltiertag) und am Ende stand der Tod als wenig überraschende Überraschung und Unterbrechung des Jahreskreises der Langeweile. Ihre elysischen Felder liegen im "Damals", in einem nebulösen Zeitraum zwischen dem Alter von 13 und 23 – ein Zeitraum, der ihnen Antrieb und Definition war.
Der Schlaraffe ist da – wenn ich meine geringen Erfahrungen mit Männern über 59 in den Reihen verschiedener Reyche als Deutungsgrundlage analysieren darf – anders. Da ich jetzt alle Zuhörer verloren haben, noch einmal der Satz ohne Nebensatz: Der Schlaraffe ist da … anders. Auch wenn die Aufmerksamkeitsspanne des normalen Schlaraffen gerade bei fremden Fexungen manchmal Richtung Null tendiert, ist er doch (was man nicht immer glauben mag) verortet im Hier und Jetzt. Er wartet der Zukunft zu, lebt in der Gegenwart und kennt seine Vergangenheit, ohne sie allzu oft zu glorifizieren. Es ist die nächste Sippung, die nächste Fexung, der nächste Ausritt, die nächste Ehrung, die ihn motiviert, einen eigenen Ablauf der Zukunft abzustecken, der von einem zumindest begrenzten Weiterleben und Weiter-Erleben ausgeht und daher Lebensmut gibt. Jene Wanderkarte in die Zukunft in Verbindung mit dem gewonnenen Lebensmut ist es, der den Schlaraffen Humor haben lässt, der anders ist als der von Männern vergleichbarer Herkunft und Bildung, die nicht unter dem Banner des Uhu gemeinsam sippen.
Die Zukunft ist dem Schlaraffen offen, sie lässt hoffen, ist nicht das Anwachsen des Verlustes an glorreicher Vergangenheit, kein Paradies am Anfang sondern eine ewige Rittertafel am Ende. Und daher verstehe ich auch, warum Allhalla dem Schlaraffen Zielort ist, der nicht so bald zu erreichen ist.
Undenkbar ist für uns der Sasse, der sich mit einem gezündeten Bombengürtel um den Bauch beim Rufen von "Uhu ist mächtig!" Kamera-affin selbst opfert, um auf unsere sinkenden Mitgliederzahlen aufmerksam zu machen.
Um es für jene auf den Punkt zu bringen, die Gedankensprüngen über mehr als eine Ecke nicht folgen können, was bei mir als Vortragenden sicher auszuschließen ist, da ich einer kohärenten Darstellungsweise folge, die es einfach macht, mir zu folgen. Also: Die offene Zukunft ist Grundlage jeder Utopie, muss es sein, weil eine geschlossene, zielgerichtete Zeitlinie utopische Felder ausschließen muss, denn diese utopischen Momente will man verlängern, verstetigen, möglichst nicht beenden, und sie nicht vor dem Ende der Welt überwinden, denn niemand überwindet Perfektion.
Das und nichts anderes ist das Geheimnis im Geheimnis, die Rose in der Rose, sozusagen der Kern des Uhu.
Lulu!