1945
Newt Gingrich/William R. Forstchen
"1945"
Riverdale (Baen), 1985
382 Seiten
Für mich war dieses Buch ein langerwartetes Objekt. Erst bekam man mit, dass Newt Gingrich, immerhin als Präsidentschaftsbewerber in den USA im Gespräch, einen Roman geschrieben habe. Dann berichtet der "Spiegel" über dies Buch ("Thor eins an Siegfried" von Hans Hoyng im Spiegel 31/95). Und schließlich interessiert mich dieses Buch auch privat. Mein Hobby ist die alternative Geschichte, und dies Buch ist genau dieses.
Zur Handlung. Durch einen Unfall liegt Hitler während des Zweiten Weltkriegs ein paar Wochen im Koma und "verschläft" so seine Kriegserklärugn an die USA. Diese tritt daher nie in den Zweiten Weltkrieg ein, und ganz Europa wird faschistisch. Naja, nicht ganz, Schweden, die Schweiz, Portugal, Spanien etc. sind noch freie Länder, aber die Deutschen beherrschen - direkt oder indirekt - Kontinentaleuropa. England ist noch frei, Russland ist auf einen stalinistischen Rumpfstaat reduziert.
Da es nicht anders kommen kann als es kommen muss, wollen die bösen Deutschen den guten Amerikanern doch noch ihr Land wegnehmen. Und das klappt nur, wenn sie überraschend (so ganz ohne Kriegserklärung) das Manhattan-Projekt zur Erzeugung von Atombomben in den USA vernichten. Sie schleusen also Otto Skorzeny (den legendären Mussolini-Befreier) in die USA ein, damit der mit seinem Trupp am Boden einem einfliegenden Bomberkommando Anweisungen geben kann. Diese werfen dann Fallschirmspringer und Bomben ab, die Reaktor udn Wissenschaftler vernichten sollen.
Dies gelingt ihnen natürlich nicht ganz. Commander Martel (nicht umsonst heißt er nach dem fränkischen Hausmeier Martell, der schon einmal die Kultur der Menschheit retten musste) bekommt das alles igendwie mit. Er schafft es zwar nicht mehr, den Reaktor zu retten, aber Oppenheimer & Teller überleben den Angriff. Das Fortbestehen des Manhattan-Projektes ist also gesichert, die Amerikaner können den Krieg nach Europa tragen.
Aber leider nicht auf den 382 Seiten dieses langatmigen Werkes, sondern im nächsten Band - "to be continuied". Schreckliche Vorstellung.
Das Buch umfasst die Zeitspanne vom September 1945 bis zum April 1946. Die Handlung ist oft zäh, wenn sie schnell laufen sollte (die Kampfszenen sind alle immens lang, die Sexszenen völlig überflüssig) und schnell, wenn sie langsam laufen sollte (bei der Schilderung des historischen Hintergrunds). Forstchen und Gingrich sind beide angeblich Historiker; dafür ist dieses Buch vom Hintergrund her zu schwach. Allein das Nennen von bekannten Personen (auch wenn sie so unbekannt sind wie Adolf Galland), ein paar Landkarten und das schöne Pseudo-Deutsch mit seiner eigenartigen Groß- udn Kleinschreibung ("Sieg heil!" - "Deutschland! Führer!" darf die Masse schreien, oder die Armee verwendet "Panzerschreck" und singt "Deutschland Über Alles") reichen nicht aus, um diesen Roman plausibel zu machen. Und ob Projekt "Arminius" (der deutsche Angriff auf die USA) nicht vielelicht eher einen deutschen Namen gehabt hätte - so wie die anderen deutschen Pläne im zweiten Weltkrieg?
Naja, scheinbar stammt die hanebüchene Idee von Gingrich. Forstchen ist wohl der Ghostwriter, der die ganze Soße zu Papier bringen musste. Keine angenhme Arbeit, und kein lesenswertes Buch.