Fremder Ritterschlag
Rede zum fünffachen Ritterschlag ...
Schlaraffen hört!
An der Junkertafel fühlt man sich oft wie in der Abschlussklasse einer Schule. Man schaut auf jene hinab, die es nicht in die weiterführende Schule geschafft haben – oder, um im Bild zu bleiben, auf jene, die noch nicht erkannt haben, dass sie tief in sich eigentlich Schlaraffen sind.
Der andere Blick geht nach oben. In erster Linie aber nicht hinauf zu jenen, die schon Ritter geworden sind, sondern hinauf zu jenen, die einem an schlaraffischer Erfahrung nicht vier Jahrzehnte im Voraus sind, sondern nur vier Jahrungen. Man schaut hinauf zu jenen, die an der letzten Klippe stehen, um die Junkertafel zu verlassen. Ihr Schiff ist schon unter Segeln, um aufzubrechen zu jenen Gestaden, die schlaraffisches Gold und Geschmeide versprechen. Aber sie sind noch nicht Ritter – innerlich vielleicht schon, doch es fehlt noch Salbung, mangelt aber nicht an der Berufung.
Wenn man dann selbst die Hoffnung hat, in den Abgangs-Wartestand versetzt zu werden – dann erkennt man voller Schrecken, dass die Gesellschaft, die man sich so gewünscht hat, der Schulterschluss mit den erfahrenen Junkern, nicht mehr möglich ist. Denn diese sind – so wie es der Lauf des schlaraffischen Lebens ist – selbst zu Rittern geworden.
Die letzten Jahre an der Junkertafel sind ein Wartestand. Ein Wartestand darauf, endlich mit den Großen spielen zu dürfen – und die Erkenntnis, dass man Klassenkameraden verliert, weil sie nicht mehr länger die Schulbank der Junkertafel drücken müssen. Sie haben ihr schlaraffisches Reifezeugnis erhalten, um mit diesem in der Hand oder besser auf der Seele als Ritter hinauszufahren. Ihre weiteren Taten werden in ledergebundenen Chroniken verewigt, ihre Schilder hängen in der Wand des Rittersaals, wo sie – wie weiland die Schilde in der Tafelrunde König Artus‘ – davon künden, dass sie noch unter uns sind.
Ach. Man erreicht als Junker die Kaimauer und erkennt, dass die Schiffe mit den neugebackenen Rittern an Bord schon unter Segeln stehen und die Leinen lösen. Man will zu ihnen an Bord springen, weiß aber im selben Moment, dass das ihre Schiffe sind, nicht die eigenen. Und wer will schon als Schiffsjunge auf einem fremden Schiff mitreisen, wenn das eigene Kapitänspatent so nahe scheint.
Fahret wohl, zieht dahin, dem Sonnenaufgang entgegen, um neue Länder zu erkunden. Genießet die Freiheit der schlaraffischen Meere, zieht von Hafen zu Hafen, erkundet die Gastfreundlichkeit anderer Menschenschläge, hört den Schlag fremder Zungen, fischt in den Humormeeren, meistert die Witz-Riffs, senkt euren Anker in die Tiefen des endlosen Ozeans des Goldenen Balls.
Doch vergesst dabei drei Dinge nicht.
Erstens: Vergesst nicht, wer euer Kapitänspatent unterschrieben hat. Es ist derselbe Hafen, aus dem auch Captain Gleichen hinausfuhr an Bord der ersten Tarimundis-Kogge.
Zweitens: Eröffnet nicht das Feuer, wenn ihr ein Schiff seht, dass Tarimundsche Farben trägt, doch euch nicht bekannt deucht – es könnte das Schiff eines anderen Junkers sein, der euch hinaus gefolgt ist, in das Abenteuer und die Gefahr der freien Welt.
Und drittens: Vergesst nie, dass ihr an unserem Tisch immer eine Lethe gut habt.
Ich beneide euch.
Lulu!