Frohes Fest!
Perry war das erste Mal seit Jahrzehnten, vielleicht sogar Jahrhunderten an diesem Tag nervös. Immerhin war es das erste Mal seit vielen, vielen Jahrhunderten, dass er wieder einmal einem Kind - seinem Kind! - einen terranischen Feiertag erklären musste.
Wie lange war das her, dass Michael auf seinen Knien gesessen hatte, während er die Geschenke seiner Eltern und von Onkel Bully ausgepackt hatte? Nach all den Jahren tat es immer noch weh, an seine anderen Kinder zu denken. Thomas, den er nie hatte richtig kennen lernen dürfen. Seine Tochter, die Michael so ähnlich und doch so anders war. Und dann die anderen ...
Und die Frauen, die er geliebt ...
Nein, heute war ein Tag, an dem man sich eigentlich freuen sollte, kein Tag zur Trauer. Alles war perfekt. Sein Haus am Goshunsee wurde von einem Tannenbaum geschmückt, den er selbst mit bunten Kugeln behängt hatte. Er hatte ein paar Tonkonserven aufgetrieben, die zum Fest passten. Weihnachtslieder, aber auch klassische Musik. In der Küche stand ein Topf mit Glühwein, für Gucky und Bully, die alte Naschkatze, hatte er auch heiße Schokolade organisiert.
In der Ecke standen die Geschenke schön verpackt auf einem Tisch. Er machte sich immer noch die Mühe, die Dinge selbst auszusuchen und einzupacken. Einkaufen ging er nicht mehr selbst, dazu fehlte ihm die Zeit. Aber er war dafür bekannt, dass er sorgfältig abwog, was er seinen Freunden und Familienmitgliedern schenkte. Obwohl es nach den ersten tausend Jahren schon schwierig geworden war, etwas für Reginald zu finden ...
Es klingelte. Die Positronik projizierte ihm Bullys Abbild in das Zimmer, der mit einer roten Mütze auf dem Kopf und Paketen unter dem Arm vor der Tür stand. Perry öffnete. Wenig später stand sein alter Freund vor ihm.
»Ho Ho Ho!« meinte der gutgelaunt.
»Alleine?«
»Na, ich dachte, ich komme ein wenig früher. Ist doch ein besonderer Tag ...«
»Gute Idee!« Sein alter Freund hatte wohl gespürt, dass Perry der heutige Tag besonders wichtig war.
»Hier, zum Auspacken!« Bully reichte ihm eine große Kiste.
»Jetzt schon?«
»Der Rest kommt nachher.«
Perry stellte Bully und sich zwei Gläser mit heißem Glühwein hin, dann nahm er Platz und packte in aller Ruhe die Kiste aus. Es war eine Holzkrippe, vollständig mit Dach und Strohlager. Dazu waren eingewickelt Figuren beigepackt.
»Die heiligen drei Könige sind ein Arkonide, ein Terraner und ein Blues?« Er schaute irritiert Bully an.
»Tja, das sollen wohl die drei Gegenden der Milchstraße sein, die dem Heiland huldigen ...« Bully konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. »Aber keine Angst, es sind weiterhin Ochs und Esel.«
»Ein Okrill sähe auch blöde aus und ein Marschiere-Viel passt nicht in die Hütte.«
»Platz ist in der kleinsten Hütte, lieber Perry.« Bully lachte.
Vorsichtig stellte Perry die Figuren auf. »Eine fehlt.« Er schaute Bully vorwurfsvoll an.
»Achja, das Jesuskind. Da war was abgebrochen und Gucky wollte schnell in den Laden springen, sie umtauschen.«
»Wups!« machte es und wie auf Stichwort stand Gucky im Zimmer. »Frohe Weihnacht!« Dann wandte er sich an Bully: »Natürlich habe ich alles erledigt. Denke nicht so schlecht über mich.«
»Bleibe aus meinen Gedanken, Fellvieh!«
Bevor Gucky seiner Lieblingsbeschäftigung, dem Bully-in-Luft-herumkreisen-lassen, nachgehen konnte, schritt Perry ein. »Hey! Vertragt euch!«
Beide sahen ihn schuldbewusst an. Natürlich wusste er, dass die Kabbelei zwischen den Beiden Zeichen ihrer Freundschaft war. Aber manchmal ...
»Hier!« Gucky streckte ihm eine verpackte Figur auf einer Fellhand entgegen.
Langsam packte Perry sie aus. Dann hielt er sie verblüfft hoch. »Blau? Der Messias ist ein Ferrone?«
Bully schaute Gucky vorwurfsvoll an. Dieser hob die Pfoten hoch und sagte: »Ich war es nicht. Das war der letzte, der heute noch lieferbar war. Aber wenn euch ein Ferrone als Christuskind nicht gefällt, dann erzählt halt nachher, er wäre blaugefroren!«
Bully und Perry schauten ihn an, dann lachten beide prustend los. Gucky verschwand in der Küche, sich eine heiße Schokolade holen. Bald würden die anderen Gäste kommen. Egal was im Universum los war - heute abend waren sie nur ein paar Freunde, die sich schon lange kannten und die gemeinsam feiern wollten. Mehr nicht. Aber auch nicht weniger.