Mutabor – Die Märchen des Wilhelm Hauff

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Ein paar Worte zu Hauff zur Einleitung. Wilhelm Hauff wurde 1802 in Stuttgart geboren. Er wurde Theologe samt einer Doktorarbeit. Er arbeitete zuletzt als Redakteur des »Morgenblattes für gebildete Stände«. 1827 heiratete er seine Cousine Luise. Auf einer Studienreise nach Tirol infizierte er sich mit Typhus. Er starb am 19.11.1827, acht Tage nach der Geburt seiner Tochter Wilhemine, die wiederum 1845 und damit 22 Jahre vor ihrer Mutter und Hauffs Witwe verstarb. Neben seinem bekannten, literarischen Werk haben ihn einige Lieder überlebt. Am bekanntesten ist noch »Reiters Morgenlied«:
Morgenrot!
Leuchtest mir zum frühen Tod?
Bald wird die Trompete blasen,
Dann muß ich mein Leben lassen,
Ich und mancher Kamerad!
Die anderen Werke sind schwülstig und/oder deutschnational und Burschenschaftslieder. Es bleibt, diese als Jugendwerke zu ignorieren – wenn Hauff nicht mit 27 schon alle Anzeichen eines ausgewachsenen Schriftstellers gezeigt hätte. Früh erblüht ist er früh verdorrt.
Ignorieren wir gnädig diesen Teil seines Werkes.

Wie kann man sich den Geschichten von Hauff nähern? Für mich habe ich drei Wege entdeckt. Erstens: Vielleicht mit Erinnerungen an die eigene Kindheit, wo sowohl das mystische Zauberwort »Mutabor« (aus »Die Geschichte vom Kalif Storch«) als auch Reime eine Rolle gespielt haben. Zauberworte, so möchte man fast sagen. Wer erinnert sich nicht daran:
Schatzhauser im grünen Tannenwald
Bist schon viel hundert Jahre alt,
Dein ist all Land, wo Tannen stehn,
Läßt dich nur Sonntagskindern sehn.
(aus »Das kalte Herz«).
Oder an:
Kommt ihr herab aus der Luft,
Steigt ihr aus tiefem Meer,
Schlieft ihr in dunkler Gruft
Stammt ihr vom Feuer her:
Allah ist euer Herr und Meister
Ihm sind gehorsam alle Geister.
(aus »Die Geschichte von dem Gespensterschiff).
Zweitens: Vielleicht mit einen eigenen Vorleseübungen bei Kindern. Bei meiner letzten Lesung gefiel »Die Geschichte vom Kalif Storch« den Kindern so gut, dass ich eigentlich weiterlesen wollte. Doch die folgende »Die Geschichte von dem Gespensterschiff« erinnerte mich schnell daran, dass es nicht nur einen heiteren, leichten Hauff gab, sondern auch einen, der für ein erwachsenes Publikum schrieb. Ich habe diese Geschichte dann beim Vorlesen übersprungen – und mir später seine gesammelten Märchen noch einmal zu Gemüte geführt.
Drittens: Vielleicht auch über den Zugang als Erfinder des deutschen historischen Romans, als Autoren von »Lichtenstein«. Nicht umsonst heißt es in der Einleitung zu diesem Buch (auf Walter Scott, den Autor von »Ivanhoe«, »Kenilworth« und anderen historischen Romanen anspielend):
Doch auch wir hatten eine Vorzeit, die reich an bürgerlichen Kämpfen, uns nicht weniger interessant dünkt als die Vorzeit der Schotten. Darum haben auch wir gewagt, ein historisches Tableau zu entrollen, das, wenn es auch nicht jene kühnen Umrisse der Gestalten, jenen zauberischen Schmelz der Landschaft aufweist, und wenn das an solche Herrlichkeiten gewöhnte Auge umsonst die süße, bequeme Magie der Hexerei und den von Zigeunerhand geschürzten Schicksalsknoten darin sucht, ja wenn sogar unsere Farben matt, unser Crayon stumpf erscheint, doch eines zur Entschuldigung für sich haben möchte, ich meine die historische Wahrheit.[1]

»Lichtenstein«, Hauffs großer historischer Roman, erschien 1826. Er verwendet – wie Scott – Gedichte als Einleitungen zu seinen Kapiteln; besonders oft wird Uhland (in allen drei Teilen des Buches) zitiert, insgesamt neun Mal.
Der historische Roman spielt 1519 und erzählt eine Liebesgeschichte. Er baut wundervolle, phantastische Beschreibungen und sprachlich anspruchsvolle Gedichte ein:
Vom Turme, wie ich oft gesehen
Hernieder auf ein schönes Land,
Vom Turme fremde Fahnen wehen,
Wo meiner Ahnen Banner stand.
Der Väter Hallen sind gebrochen,
Gefallen ist des Enkels Los;
Er birgt, besiegt und unge[b]rochen,
Sich in der Erde tiefen Schoß.

Und wo einst in des Glückes Tagen
Mein Jagdhorn tönte durchs Gefild,
Da meine Feinde grässlich jagen;
Sie hetzten gar ein edles Wild.
Ich bin das Wild, auf das sie birschen,
Die Bluthund‘ wetzten schon den Zahn,
Sie dürsten nach dem Schweiß des Hirschen,
Und sein Geweih steht ihnen an.

Die Mörder han in Berg und Heide
Auf mich die Armbrust aufgespannt:
Drum in des Bettlers rauem Kleide
Durchschleich‘ ich nachts mein eigen Land.
Wo ich als Herr sonst eingeritten
Und meinen hohen Gruß entbot,
Da klopf‘ ich schüchtern an die Hütten
Und bettle um ein Stückchen Brot.

Ihr warft mich aus den eignen Toren;
Doch einmal klopf‘ ich wieder an.
Drum Mut! Noch ist nicht all‘ verloren,
Ich hab‘ ein Schwert und bin ein Mann.
Ich wanke nicht, ich will es tragen:
Und ob mein Herz darüber bricht,
So sollen meine Feinde sagen:
»Er war ein Mann und wankte nicht.«[2]
Ein Exkurs über den Herrscher, der mit seinem Schwert in der Verbannung lebt, führt hier zu weit, aber ich darf einmal »Tolkien« an dieser Stelle sagen, ohne mich zu schämen.
Im Schluss des Romans rechtfertigt Hauff in einer Art Nachwort seinen Ansatz:
Und sie erscheinen uns da, diese Sagen, wie ungewisse Schatten, die eine große Gestalt vom Berge in die Nebel des Tales wirft, und der kältere Beobachter lächelt, wenn man ihnen wirkliches Leben und jene Farben verleihen will, die ihr unsicheres Grau zu einem Bild des Lebens umwandeln.[3]

Hauffs bekannteste Werke sind Kunstmärchen – so wie die entsprechenden Werke von Oscar Wilde. Sie haben zwar oft den richtigen »Flair« (so wirken viele seiner Geschichten so, als entstammten sie dem Umkreis von »1001 Nacht«), sind aber Schöpfungen des frühen 19. Jahrhunderts.
Hauffs Hauptwerk als Erzähler und Herausgeber sind seine Märchenalmanache. In eine Rahmenhandlung eingepasst werden Geschichten erzählt, die mehr oder weniger lose am Kontext hängen. Die Rahmenhandlung wiederum interagiert mit den Geschichten und am Ende umschließt eine Rahmenhandlung die einzelnen Stücke so, dass alles zusammenpasst.
In Hauffs ersten Märchenalmanach von 1825 für das Jahr 1826 ist die Rahmenhandlung eine Karawane, die durch die Wüste zieht. Die Kaufleute und ein Gast sitzen nachts um das Feuer zusammen und erzählen sich Geschichten. Diese sind »Die Geschichte vom Kalif Storch«, »Die Geschichte von dem Gespensterschiff«, »Die Geschichte von der abgehauenen Hand«, »Die Errettung Fatmes«, »Die Geschichte von dem kleinen Muck« und »Das Märchen vom falschen Prinzen«. Mein absoluter Favorit als Kind war »Die Geschichte von dem Gespensterschiff«. Damals war dies nicht mehr als ein Märchen unter Märchen, inzwischen schätze ich sie als Horrorgeschichte.
Es ist erstaunlich, wie viele Gestalten aus diesen Märchen in unsere Märchenkultur übernommen worden sind – der kleine Muck und der Kalif Storch sind aus unseren Kinderzimmern nicht mehr wegzudenken; beide Figuren haben in jeder Darstellungsform einen hohen Wiedererkennungswert. Der Flair aus »1001 Nacht« atmet in diesen orientalisch anmutenden Geschichten, die auch heute noch zu fesseln wissen – man denke nur an das Zauberwort »Mutabor« oder den anfangs zitierten Zauberspruch aus »Die Geschichte von dem Gespensterschiff«:
Kommt ihr herab aus der Luft,
Steigt ihr aus tiefem Meer,
Schlieft ihr in dunkler Gruft
Stammt ihr vom Feuer her:
Allah ist euer Herr und Meister
Ihm sind gehorsam alle Geister.
Wie gesagt: Hauff ist es zusätzlich gelungen, neben der Märchenebene eine zweite Handlungsebene aufzubauen, die das Schicksal der Geschichtenerzähler miteinander verknüpft. So ist es nicht ungewöhnlich, dass sich am Ende einer der Erzähler – natürlich der Gast – mit folgendem Satz auf sein Pferd schwingt: »Man nennt mich den Herrn der Wüste, ich bin der Räuber Orbasan.« Und schon ist einer der Erzähler als Teil des Erzählten entlarvt und die Geschichte beißt sich wie der Wurm Ouroboros selbst in den Schwanz.

1827 folgte Hauffs zweiter Märchenalmanach. In der Rahmenhandlung »Der Scheik von Alessandria und seine Sklaven« wird jeder freigelassene Sklave aufgefordert, eine Geschichte zu erzählen. So geschieht es.
»Der Zwerg Nase« eröffnet den Reigen, gefolgt von »Abner, der Jude, der nichts gesehen hat«, »Der Affe als Mensch« und »Die Geschichte Almansors«. Wieder greift die Rahmenhandlung in das Märchen und umgekehrt, und so entpuppt sich nach der letzten Geschichte der erzählende Sklave als der Sohn des gnädigen Scheiks.
Dieser Almanach ist der einzige, in dem auch Fremdgeschichten aufgenommen worden sind. Dies sind »Der arme Stephan« von Gustav Adolf Schöll, »Der gebackene Kopf« von James Justinian Morier sowie Wilhelm Grimms »Das Fest der Unterirdischen« und »Schneeweißchen und Rosenrot«.
Zumindest zwei der Almanach-Geschichten sind in das allgemeine »Märchengut« aufgenommen worden: das Grimmsche »Schneeweißchen und Rosenrot« sowie »Der Zwerg Nase«. Hauff scheint sich hier eher auf seine Mitarbeiter verlassen zu haben, denn seine eigenen Geschichten haben – bis auf »Der Zwerg Nase« – nicht den Flair der Geschichten des ersten Märchenalmanachs; doch die Mitarbeit von Wilhelm Grimm und seine beigesteuerten Märchen heben die Qualität des Bandes wieder auf das Niveau des ersten Almanachs.

Der dritte Märchenalmanach erschien 1828. Hier ist die Rahmenhandlung »Das Wirtshaus im Spessart« – eine Gruppe von Reisenden wird in einem Gasthaus überfallen, verschleppt und kann sich endlich aus eigener Kraft befreien. Natürlich gibt es auch hier überraschende Entdeckungen, und wieder greift die Rahmengeschichte in die Märchen hinein.
Hauff beherrscht die Erstellung eines Rahmens sehr gut; nie wirken die Verbindungen zwischen Inhalt und Rahmen gekünstelt. Eines der Märchen (»Das kalte Herz«) wird auch unterbrochen und erst nach zwei anderen Erzählungen wieder aufgenommen, weil die Rahmenhandlung in das Erzählen der Märchen eingreift.
Die enthaltenen Märchen sind »Die Sage vom Hirschgulden«, »Das kalte Herz«, »Saids Schicksal« und »Die Höhle von Stenfoll« (wie der Untertitel sagt: »Eine schottländische Sage«). In dieser Sammlung sind es die Rahmengeschichte und »Das kalte Herz«, die besonders hervorstechen. Die Rahmenhandlung wirkt hier am reifsten; Hauff hat sich nach dem Märchenalmanach von 1827 wieder auf seine eigenen Fähigkeiten besonnen und alle Beiträge selbst beigesteuert – was die Qualität und den Zusammenhalt des ganzen Werkes verbessert hat.
»Das kalte Herz« liefert mit der Handlung um Peter Munk und seine drei Wünsche Anknüpfungspunkte vom Wunschmärchen bis zum germanischen Sagengut. Sowohl das Glasmännlein als auch den Holländer Michel soll Hauff »im Sinne von Elementargeistern erfunden« haben.[4] Und wieder kann seine Sprachmelodie Zauber entstehen lassen, wie in »Das kalte Herz«:
Schatzhauser im grünen Tannenwald
Bist schon viel hundert Jahre alt,
Dein ist all Land, wo Tannen stehn,
Läßt dich nur Sonntagskindern sehn.

Einen vierten Märchenalmanach gab es nicht. Hauff starb 1829, nur 27jährig. Das Erscheinen des dritten Märchenalmanachs hat er schon nicht mehr erlebt.

Neben seinen Märchenalmanachen gibt es auch andere Teile seines Werkes, die der phantastischen Literatur zuzuordnen sind. »Der Mann im Mond« (1825 erschienen) hat – wenn auch parodisierend – Elemente des Schauerromans übernommen. Die »Memoiren des Satans« (in zwei Bänden 1825 und 1826 publiziert) sind alleine durch den gewählten Hintergrund – der Teufel als Erzähler – dem phantastischen Genre zuzuordnen. Einzelne Geschichten aus dieser Reihe sind eindeutig phantastisch; eingebunden in den Zusammenhang verlieren sie aber eigenartigerweise ihren phantastischen Reiz, da die Rahmengeschichte für heutige Leser schwerfällig, gar in Zügen langweilig ist. So sind die »Phantasien im Bremer Ratskeller« (1827) zwar eine Geistergeschichte, doch ihr ganzer Hintergrund macht sie mehr zu einer Widmung an alle Weintrinker denn zu einer echten Gruselgeschichte.

Was macht Hauffs Märchenalmanache für mich so faszinierend? Natürlich ist es auch die Rückerinnerung an meine eigene Kindheit; die Erinnerung an Märchenplatten und die Stimme meiner Großmutter, die meinem Bruder und mir immer wieder Märchen vorlas. Es ist ein Wiedererkennen von Figuren, ein Wiedererleben von Bekanntem, aber auch ein Wiedersehen mit Orten, die man früher geliebt hat (so das Haus, in dem der kleine Muck Kochen lernt oder das Wirtshaus im Spessart).
Wie großartig ist die Verfilmung von »Das Wirtshaus im Spessart« aus dem Jahre 1958? Eine wunderschöne Kulisse am Main und im Spessart, dazu großartige Schauspieler. Lieselotte Pulver, Hans Clarin und der unfassbare Kabarettist Wolfgang Neuss samt seinem Freund Wolfgang Müller als die Banditen Knoll und Funzel. Man mag beruhigt sein: Es wird zwar gesungen, aber nur im Rahmen. Und diese Lieder sind noch dazu lustig.
Zurück zu Hauff. Sicherlich ist es auch Hauffs Sprachgewalt, die es immer wieder schön macht, ihn zu lesen. Mit »Lichtenstein« hat er den historischen Roman nach Deutschland geholt, mit seinen Märchenalmanachen das Kunstmärchen gefördert – aber er ist auch (trotz manch schwülstiger Formulierung oder seinem altertümlichen Deutsch, das gerade bei fremdsprachlichen Begriffen für uns heute eigenartige Schreibweisen verwendet) ein faszinierender Erzähler, der einfach schön zu lesen ist.
Und dann sind da noch Hauffs Helden. Ein Kritiker hat es auf den Punkt gebracht:
Hauffs schier unglaubliche Happy Endings verblassen oft neben dem Schrecken, der ihnen vorausging. Die Metamorphosen, die diese Helden durchlaufen, möchte man nur seinen ärgsten Feinden wünschen.[5]
Es geht um Verwandlung. Der Charakter, der Hauffs Märchenalmanach betritt – ob als Teil der Rahmenhandlung oder Held einer Geschichte – verlässt die Geschichte anders, als er sie betreten hat. »Mutabor«, »ich werde mich verändern« oder »ich werde mich vertauschen« – die Verwandlung ist das prägende Element dieser Geschichten. Das Erzählen hat nicht nur einen Unterhaltungswert, sondern es verändert das Leben der Personen der Rahmengeschichte, die formal nicht Teil der Märchenhandlung sind.
Mit diesem Mechanismus entpuppt sich Hauff als Urvater jener Fantasy, in welcher der Held (oder die Heldin) nicht nur im »Außen« Dinge verändern muss, sondern auch sein »Innen« verändert. Und damit ist Hauff nicht nur der Großvater der historischen deutschsprachigen Romane, sondern auch der Großvater oder -onkel von Ende, Le Guin und Lindsay.

Wir haben Hauffs Anfang beleuchtet, kommen wir nun zu seinem Ende:
Die Begräbnisfeier war trotz der ungünstigen Witterung schön und würdig. Willibald Alexis widmete seinem Freunde einen besonderen Artikel, Friedrich Haug, Ludwig Uhland und Gustav Schwab verfassten Traugedichte. Die arme Louise! Wie lange hatte sie auf den Bräutigam warten müssen, wie glücklich war ihre kurze Ehe gewesen!
Nun stand sie mit einem Kind am Grab ihres Mannes, das durch ein einfaches Felsstück vom Lichtenstein und Efeu aus der Nebelhöhle geschmückt wurde. Die Freunde ihres verstorbenen Gatten sorgten für ihre finanzielle Sicherheit, indem sie sich an die Herausgabe der Gesammelten Werke von Wilhelm Hauff machten. Sie wird ihnen dabei geholfen und manches Mal gedacht haben, "wieviel hätte er noch schaffen können!". Aber er war schon vollendet. Seinen Werken war der Glanz der ewigen Jugend verliehen.«[6]
Ludwig Uhland schrieb »Auf Wilhelm Hauffs frühes Hinscheiden« folgende Verse:
Dem jungen, frischen, farbenhellen Leben,
Dem reichen Frühling, dem kein Herbst gegeben,
Ihm lasset uns zum Totenopfer zollen
Den abgeknickten Zweig, den blütenvollen!

Noch eben war von dieses Frühlings Scheine
Das Vaterland beglänzt. Auf schroffem Steine,
Dem man die Burg gebrochen, hob sich neu
Ein Wolkenschloß, ein zauberhaft Gebäu;

Doch in der Höhle, wo die stille Kraft
Des Erdgeists rätselhafte Formen schafft,
Am Fackellicht der Phantasie entfaltet,
Sahn wir zu Heldenbildern sie gestaltet;
Und jeder Hall in Spalt und Kluft versteckt,
Ward zu beseeltem Menschenwort erweckt.

Mit Heldenfahrten und mit Festestänzen,
Mit Satyrlarven und mit Blumenkränzen
Umkleidete das Altertum den Sarg,
Der heiter die verglühte Asche barg;
So hat auch er, dem unsre Träne taut,
Aus Lebensbildern sich den Sarg erbaut.

Die Asche ruht, der Geist entfleugt auf Bahnen
Des Lebens, dessen Fülle wir nur ahnen,
Wo auch die Kunst ihr himmlisch Ziel erreicht
Und vor dem Urbild jedes Bild erbleicht. [7]
Danke!

Alle Zitate nach "Hauffs Werke", drei Bände, Verlagshaus Bong & Co., München, o.J.


  1. S. 568
  2. S. 365 f.; Hervorhebung im Original
  3. S. 556
  4. Laut dem »Anhang«, S. 575
  5. Evelyn Finger "Geschichten für unseren ärgsten Feind" in "Zeit" 14/2003, S. 58
  6. S. 545 f.
  7. www.gedichte-lyrik-online.de/uhland_ludwig-gedicht_884-auf_wilhelm_hauffs_fruehes_hinscheiden.html; 19.06.2018