Ruf doch mal die Werkstatt an
Schlaraffen hört!
Die nun folgende Geschichte ist ein wahrer Fall. Die Namen wurden geändert, um Unschuldige zu schützen.
Es war am siebten Tage vor einem nicht näher zu benennenden Turney, als es dem Reichsbronzebeauftragten auffiel, dass der Lagerbestand an Turneysiegzeichen unter zwei Stück gerutscht war. Somit konnte man dem Sieger des Turneys kein Turneysiegzeichen übergeben, denn dieser brauchte zwei – eines für seinen Helm, eines für die Kette. Also wurde herumgefragt, wer denn Kontakt zu einer Metallwerkstatt hätte.
Ich konnte mein vorlautes Mundwerk nicht halten und war wenige Sekunden später Inhaber des Auftrags, die Kettenglieder in genügender Anzahl nachmachen zu lassen. Ob ich nicht mal schnell bei der Werkstatt anrufen könnte …
Man gab mir flugs ein Muster und ich eilte flugs zur Werkstatt, 10 Stück bestellen – wie vereinbart. Der Reichsbronzebeauftragte war glücklich, bis der Reichskupferbeauftragte mitteilte, dass der mitgegebene Rohling mitnichten der richtige Rohling sei, sondern ein Überbleibsel einer dahingeschiedenen Produktionsreihe, die nie in Verwendung kam. Warum er jahrelang gelagert wurde, ist mir nicht klar; vielleicht gibt es irgendwo ein schlaraffisches Paralleluniversum, wo genau dieser Rohling als Vorbild für eine parallele Kette diente. Egal. Ob ich nicht mal schnell bei der Werkstatt anrufen könnte …
Es ging in das Turney und großmäulig verkündete ich, dass ich – egal wer gewünne – die Kette nachher mitnehmen müsse, als Muster für meine Werkstatt, denn die hätten bis jetzt nur ein falsches Muster. Ich gewann, nahm die Kette auf jeden Fall mit heim, erfuhr vom Reichsturneyzeichenverwalter, dass es keine Turneysiegzeichen mehr gäbe und teilte diesem mit, dass ich vom Reichsbronzebeauftragten und vom Reichskupferbeaufragten dieses schon in Erfahrung gebracht hätte.
Beruhig rief ich am nächsten Tag in der Werkstatt an, um ihnen eine kleine Änderung mitzuteilen. Ich bekam eine Bestätigung und versprach Lieferung des neuen Musters.
Beim Suchen nach dem neuen Muster stellte der Reichsturneyzeichenverwalter jedoch fest, dass sich noch 10 Turneysiegzeichen in seiner Kiste befänden, bei einem Verbrauch von zwei Turneysiegzeichen bei der zweijährig stattfinden Turney würden diese bis ungefähr a.U. 162 reichen. Aber ich hatte doch schon … Ob ich nicht mal schnell bei der Werkstatt anrufen könne … Nein, könnte ich nicht, außerdem hätten der Reichsbronzebeauftragte und der Reichskupferbeauftragte schon zugestimmt. Der Reichsturneyzeichenverwalter zeigte sich einsichtig. Mit dem neuen Muster ging ich zur Werkstatt.
Zurückgekehrt mailte ich die Preisvorstellung, die völlig im vorher besprochenen Rahmen lag, im weiten Bogen herum und lehnte mich entspannt in meinem Arbeitsstuhl zurück. Da klingelte das Telefon (das schlaraffisch überhaupt nicht Telefon heißt, aber da ich anfangs verkündet habe, dass in dieser Geschichte die Namen geändert wurden, um die Unschuldigen zu schützen, schütze ich hier den einzig Unschuldigen tatsächlich – mein Telefon).
Der Reichspenunzenverwalter fragte mit, ob man nicht erstens billiger produzieren könne wenn man zweitens mehr Stück herstelle. Ich verkniff mir einen Hinweis auf die Lagerhaltung des Reychsturneyzeichenverwalters, die frühestens a.U. 162 aufhören würde, den Bedarf zu erfüllen, und versprach Läuterung, Klärung und Antwort. Also: Ob ich nicht mal schnell bei der Werkstatt anrufen könnte …
Die Werkstatt teilte mir mit, was ich schon gewusst habe, nämlich dass sie dankbar für Kleinaufträge sind, weil sie diese mit ihren Azubis komplett abwickeln können, um damit die entsprechenden Lehrinhalte zu erfüllen. Man wäre mit den zehn bestellten Stücken total glücklich und überhaupt und insofern. Ich legte in dem Glauben auf, dass jetzt alle Probleme gelöst seien.
Ich ging zurück ins Reych und informierte Reichsbronzeverwalter, Reichskupferverwalter, Reychsturneyzeichenverwalter und den Reychspenunzenverwalter. Der Reychsturnyzeichenverwalter wollte die vorhandenen Informationen, die sich komplett nur in meinem Großhirn zu befinden schienen, mit seinen drei Sassen teilen. Bei einer erneuten Durchsicht der offiziellen Reychslade für Bronze-, Kupfer- und Silbertand stellte er aber fest, dass die überzähligen Turneysiegzeichen spurlos verschwunden waren. Jetzt wäre natürlich eine Nachbestellung sinnvoll. Ob ich nicht mal schnell die Werkstatt anrufen könnte …
Nachdem ich mir in Ruhe ausgemalt hatte, wie die Turneysiegzeichen auf eher unüblichem Wege den Zugang in die Innereien von Reychsturneyzeichenverwalter, Reychsbronzeverwalter, Reichskupferverwalter und Reichspenunzenverwalter finden würden, beschloss ich an diesem Punkt, einfach allen Beteiligten ab jetzt immer zu erklären, dass ihre Wünsche natürlich sofort und sogleich erfüllt würden, dass die Herstellung der Turneysiegzeichen wahrscheinlich keine Kosten erzeugen, sondern sicherlich Einnahmen erzeugen würden und dass sich die hergestellten Stücke in totaler Übereinstimmung mit jedem jemals irgendwo hergestellten Rohling befänden.
Zart wies ich zwar darauf hin, dass das 312/313-Sturmhaubenrecycling zur Wiederverwertbarkeit von Sturmhauben als Helme (und später als Mäntel, wenn ich extrapolieren darf) dem Reych ungeahnte Minderausgaben erzeugt habe, die sicherlich benutzt werden könnten, um weitere 150 Turneysiegzeichen herzustellen, so dass eine Erfüllung der Turneyvorgaben bis in das Jahr a.U. 302 sichergestellt werden könnte. Aber … das habe ich dann doch nicht weitflächig kommuniziert. Immerhin ist man als Knappe noch in einem Rang gefangen, bei dem Widerworte unpassend sind.
Der langen Rede kurzer Sinn. Ich habe die Turneysiegzeichen anfertigen lassen, eine Rechnung bekommen, die Muster dabei, mehrere Kaffee mit dem Meister vor Ort getrunken und gelernt, dass Kommunikation nicht immer heißt, dass man allen Menschen alle Informationen gibt, sondern dass schlaraffische Kommunikation heißen kann, dass man sich ergeben in die weisen Flügel Uhus hüllt und darauf hofft, dass die erfolgte Herstellung der Rohling alle Rückfragen überflüssig macht, weil die normative Kraft des Faktischen in Form von hergestellten Turneysiegzeichen Kritik im Keim erstickt. Ich habe sie dabei, übergebe sie nachher und möchte schließend darauf hinweisen, dass natürlich alles unwahr, erstunken und erlogen, hemmungslos übertrieben und nur meiner ausgesprochen unreinen Phantasie entsprungen ist. Indianer-Ehrenwort!
Lulu!